NACH EINEM AUFSATZ VON
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- Claus Schweitzer -
- Erfasst von Rene Gagnaux
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Zubereitung:
Gin: Neutraler Alkohol, vermischt mit ein paar Extras, mag nicht
jedermanns Sache sein, doch vielleicht liegt gerade darin der
besondere Reiz.
Die Frucht des Wacholders ist eine im zweijährigen reifen Zustand
schwarze Scheinbeere. Sie enthält Öl, Harz, Invertzucker und
Gerbstoff und dient als harntreibendes Mittel, Bäderzusatz, Gewürz
und Basis für den Wacholderbranntwein. Diese Spirituose, damals noch
Genever genannt, wurde 1575 durch die niederländische Firma Bols
(heute eine der ältesten und grössten Spirituosenfirmen der Welt)
auf den Markt gebracht.
Zunächst wurde er in ganz Europa verbreitet, doch in England sollte
der Genever eine ganz besondere Entwicklung einleiten. Als Wilhelm
III von Oranien zur Verhinderung einer dauerhaften katholischen
Dynastie auf den britischen Thron gehoben wurde und England in
Personalunion mit Holland regierte, brachten seine Soldaten ihre
eigene Medizin gegen die möglichen Folgen des unwirtlichen Klimas
mit. Aus Genever wurde die englische Bezeichnung Gin, und Königin
Anna erleichterte 1702 den Aufbau einer einheimischen
Schnapsindustrie, indem sie nur ausländisch Erzeugnisse mit hohen
Steuern belegte. Gin war nun an jeder Ecke für wenig Geld zu
erstehen, und ein Grossteil der armen Klassen suchte Trost in ihm.
Welche Ausmasse der Alkoholismus annahm, zeigt der Stich Gin-Lane
von William Hogarth aus dem Jahr 1754. Bezeichnend ist ein Schild
über der dort abgebildeten Bar: Drunk for a penny, Dead drunk for
two pennies, Clean Straw for Nothing (Für einen Penny kann man sich
besaufen, für zwei Pennys totsaufen, Stroh gibt es umsonst). In den
folgenden Jahren gelang es, das Alkoholproblem einigermassen in den
Griff zu bekommen, und die Erzeugnisse gewannen an Qualität. Das
Ergebnis war ein Gin, wie wir ihn heute kennen: der London Dry Gin.
Ausserdem bekam der Gin nun ein anderes Image. Während er früher als
billiger Fusel der sozialen Unterschicht galt, nippten nunmehr auch
die feinen Ladys der viktorianischen High-Society immer öfter an
einem kleinen Gläschen. Bei den Besserbetuchten kamen auch spezielle,
luxuriös eingerichtete Gin Palaces in Mode. Beliebt war der Gin vor
allem in Verbindung mit dem eben bekanntgewordenen, aus Chinarinde
gewonnenen Tonic der Firma Schweppes. 1920 wurde die Gin-Herstellung
durch ein Gesetz zum erstenmal genau vorgeschrieben. Es verbot den
Herstellern, die Beeren, die für die Destillation erforderlich sind,
selbst zu brennen, und verpflichtete sie, praktisch reinen Alkohol
(mindestens 96 Prozent) zu verwenden. Die Ära der industriellen Gin-
Produktion war damit angebrochen. Ob er auf der Basis von Getreide
(Roggen, Mais usw.) oder von Rüben, Zuckerrohr oder Wein hergestellt
wird, auf jeden Fall raubt ihm eine derartige Alkoholbereinigung
jegliches zusätzliche Aroma, das geschmackliche Nuancierungen
verursachen könnte. Der Alkohol ist also völlig neutral, unabhängig
davon, wie er zubereitet wird.
Die Herausforderung für den Gin-Hersteller ist die richtige Auswahl
der Ingredienzen, mit denen man diesen neutralen Alkohol parfümiert.
Die Menge und die Zusammenstellung der verwendeten Zutaten machen
die Originalität jeder Marke aus, allerdings werden die meisten
Rezepturen streng geheimgehalten.
Die berühmten klassischen Gin-Cocktails, die heute auf der Karte
jeder Bar zu finden sind, stammen allerdings aus den USA. Es begann
mit dem Martinez, der 1860 zum erstenmal in San Francisco gemixt
wurde. Weltberühmt wurde der Martini, der aus fünf Teilen Gin und
zwei Teilen trockenem Wermut besteht und nicht verrührt werden
durfte, als er in einem James-Bond-Film mit Eis geschüttelt werden
sollte. Er wird dann mit einer Olive und etwas Zitrone in einem
vorgekühlten Cocktailglas serviert. Es gibt noch unzählige Rezepte
für Mixgetränke auf Gin-Basis, wie den Gin Fizz, Bronx, Haberfield,
Caruso und viele andere. Stichworte:
Stichworte: Getränke
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