Zubereitung:
Das Kohlgemüse ist so etwas wie das Dornröschen unter den
Gemüsepflanzen, eine schlummernde Delikatesse. Lange als Speise für
Arme verkannt, gewinnt das internationale Gemüse aus der Familie der
Kreuzblütler immer mehr an Ansehen, Beliebtheit und Raffinesse
zurück. Leb wohl, iss Kohl lautete früher einmal ein ernstgemeinter
Rat zu der Zeit nämlich, als viele Menschen aus Vitamin und
Mineralstoffmangel an Skorbut erkrankten. Und die Entdeckungsfahrten
von Kolumbus und Co. hätten ohne ein paar Fässer des Vitamin-C-
reichen (Sauer-)Krautes schon bald ein unrühmliches Ende gefunden.
Auch im alten Griechenland erkannte zum Beispiel Hippokrates die
Heilkraft des Kohls, der als Universalmittel zur inneren und
äusseren Anwendung bei allerlei Gebrechen galt. Und die Römer
verwendeten zur Behandlung schlecht heilender Wunden Kohlblätter als
Umschlag. Das ist auch gar nicht verwunderlich, denn das äusserst
preiswerte Kohlgemüse, das deshalb auch lange als die Speise der
Armen galt, ist eine einzige Vitamin und Mineralstoffbombe. So
enthält Weißkohl zum Beispiel als einziges Gemüse Ascorbigen, das
eine Vorstufe des Vitamins C ist und sich unter dem Einfluss von
Hitze in dieses umwandelt. Im Gegensatz zu anderen Gemüsen wird
deshalb Kohl durch Kochen noch gesünder. Daneben enthält er aber
auch Vitamine der B-Gruppe, Kalium, Calcium, Phosphor, Magnesium und
Eisen sowie zahlreiche Nahrungsfasern. Und doch hat der Kohl bei uns
ein Imageproblem: Kocht man ihn nämlich im offenen Topf, riecht man
es im ganzen Haus. Außerdem stehen weißer, roter und grüner Kohl im
Ruf, schwerverdaulich zu sein. Das liegt an ihrer festen
Zellstruktur und dem hohen Ballaststoffanteil. Vor allem liege es
aber auch, so eine Theorie, an den Köchen selbst. Denn durch
stundenlanges Garen würden Vitamine und Geschmacksstoffe
schliesslich doch abgetötet, und genau das mache das Kohlgemüse
schwerverdaulich. Allerdings braucht etwa Weißkohl einfach seine
Zeit, um gar zu werden. Eine Stunde muss man dazu schon rechnen. Das
allerdings schadet seinen Inhaltsstoffen nicht, vorausgesetzt, das
Schmoren geschieht auf kleinem Feuer und bei geschlossenem Deckel.
Anderseits schmeckt er auch sehr gut kleingeschnitten und kurz
blanchiert als Gemüse oder als Salat oder (noch) gesünder als
Sauerkraut. Bei dessen Gärung bildet sich unter Zugabe von Salz die
wertvolle Milchsäure, ein natürliches Konservierungsmittel, das den
Kohl haltbar macht. Aber auch Kümmel ist seit altersher als Mittel
gegen die Blähungen bekannt. Das Copyright für den Kohl liegt
abgesehen von einer chinesischen Variante (Chinakohl!) im
Mittelmeerraum, wo er wild wachsend noch heute gelegentlich
anzutreffen ist. Römische Gärtner kultivierten als erste eine etwas
üppiger beblätterte Version, die sie caulis nannten, was soviel wie
Strunk oder Stiel bedeutet. Daraus wurde französisch chou, englisch
cole (auch in cauliflower), italienisch cavolo und deutsch Kohl.
Dass das Gemüse heute in der Schweiz vor allem als Kabis bekannt ist,
entstammt ebenfalls einem römischen Erbe: Den Gärtnern gelang
nämlich auch das Kunststück, die blättrige Caulis-Version zu bewegen,
einen Kopf auszubilden, und diesen Häuptling nannten sie caput.
Daraus wurde später der rheinische Kappes, der englische cabbage und
der schweizerische Kabis. Ob das währschafte Gemüse nun Kabis oder
Kohl genannt wird, spielt aber bei seiner Verarbeitung keine Rolle.
Wichtig ist, dass zuerst die äusseren Blätter entfernt, dann der
Kopf geviertelt und der Strunk keilförmig herausgeschnitten wird.
Erst dann sollte man die Viertel in feine Streifen schneiden, denn
so wird das Gemüse auch schneller gar. Und als Salat hobelt man ihn
am besten. Ob roter Kabis, weißer Kohl oder grüner Wirz - in unseren
Breitengraden sind die verschiedenen Kohlsorten heute Zutaten in
vielen Eintopfgerichten, aber auch als Salat und Beilage geschätzt.
In Irland gehört Kohl ins Irish Stew, in den Balkanländern kommt er
als Krautsalat oder -wickel auf den Teller, in Osteuropa kombiniert
mit Randen, Peperoni und Pilzen, in China mit Rüebli oder Lauch, und
wer Abwechslung schätzt, würzt Kohlgerichte mit Kümmel, Ingwer,
Sojasauce und Weißwein oder Sherry oder mit Paprika und Sauerrahm.
Kohl ohne Beschwerden... Deftig-winterliche Kohlgerichte sorgen zwar
für kulinarische Freuden, oft aber auch für schwere Stunden bzw.
einen geblähten Bauch. Schuld daran ist in erster Linie der hohe
Ballaststoffanteil der Kohlgemüse. Die Ballaststoffe passieren den
Dünndarm mehr oder weniger unverändert und werden erst im Dickdarm
von Bakterien abgebaut. Bei diesem Abbauprozess entstehen Gase,
welche den Bauch blähen. Fenchel- oder Kümmeltee, ein Schuß
Apfelessig, blähungsmildernde Kräuter wie Estragon, Basilikum, Dill,
Bohnenkraut, Kümmel und Anis, sorgen für Linderung und einen
ungetrübten Kraut- und Kabisschmaus.
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