Balsamicoessig, eine Kurzgeschichte

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Anzahl: 4 Portionen

Balsamicoessig
NACH EINEM TEXT VON


- Toni Kaiser - Erfasst
- von Rene Gagnaux

Zubereitung:
Wenn vom Balsamicoessig die Rede ist, denkt man unweigerlich an den
bräunlichen Essig mit dem leicht süsslichen Aroma. Der echte
Balsamico aber, der Tradizionale, ist ganz anders: ein
unvergessliches Geschmackserlebnis.

Wer beim Aceto balsamico Tradizionale di Modena von Essig zu
sprechen wagt, erntet verständnislose Blicke. Denn beim Tradizionale
darf man nicht mehr von Essig sprechen. Sein Geschmack pulsiert im
Mund, er trägt den süss-säürlichen Duft von Kastanien, von Kirsch-
oder von Wacholderholz, die stockfinstere Farbe von Bitterschokolade,
die weiche und samtene Konsistenz dick eingekochten Sirups, den
unendlich langen Abgang besten Burgunders...

Der Tradizionale ist Höhepunkt und uneingeschränkte Krönung aller
Balsamicos, und er ist in absolut nichts vergleichbar mit dem, was
seit dem Balsamicoboom der letzten Jahre hektoliterweise über den
Markt geschwemmt und normalerweise industriell mit Malz und Caramel
gesüsst wird. Denn im Tradizionale stecken Passion, jahrzehntelanges,
geduldiges Reifenlassen und viele Geheimnisse.

Zum Beispiel die speziell für die Balsamicoherstellung kultivierten
Trebbiano- und Lambruscotrauben aus den Hügeln um Modena, die im
Herbst so spät wie möglich geerntet werden, damit sie möglichst viel
Sonnenwärme und Zuckersüsse speichern können. Sie werden abgepresst,
ihr Most auf offenem Feuer bei einer Temperatur von 80 bis 90 Grad
auf einen Drittel des Volumens eingekocht und in Glasbehältern an
der winterlichen Kälte natürlich geklärt.

Für diesen mosto cotto beginnt nun die lange und dunkle Zeit des
Gärens und Reifens in 5 bis 8 verschiedenen Holzfässchen von
abnehmendem Fassungsvermögen, der sogenannten Batterie. Diese kann
zum Beispiel aus Eichen- (60 Liter Inhalt), Kastanien- (50 l),
Kirschen- (40 l), Eschen- (30 l), Wacholder- (25 l) und
Maulbeerholzfässchen (15 l) zusammengesetzt sein. Die Fässer sind
der wahre Anlagewert der Tradizionale-Hersteller. Sie können mehrere
hundert Jahre alt sein und geben dem Extrakt ihr natürliches Aroma.

Für die Konzentratbildung durch Verdunstung sind die
jahreszeitlichen Temperaturunterschiede sehr wichtig, darum befinden
sich die Batterien der Essighersteller in der Regel im Dachgeschoss
der Häuser. In Modena sind etwa 1000 Familien mit der
Essigherstellung beschäftigt. Winter für Winter wird - ähnlich wie
beim Solera-Verfahren in der Sherryherstellung - ein Teil des
Inhalts in das nächstkleinere Fässchen gegeben; dieser gewinnt
dadurch an Konzentration und Duft, verliert aber auch massiv an
Volumen; so bleibt aus anfänglich 75 kg Trauben 1 kg Tradizionale
übrig. Was auch den hohen Preis für die Elixiere erklärt - 1 dl
junger, 15jähriger Affinato kostet um die 72 Franken, ein Extra
Vecchio mit über 25 Jahren auf dem Buckel schon 135 Franken, und für
die uralten Spitzensäfte werden bis 500 oder 600 Franken geboten,
falls sie überhaupt noch käuflich sind.

Doch wann und ob überhaupt die edlen Säfte in das bauchige 1-dl-
Designerfläschchen mit dem rechteckigen Sockel abgefüllt und mit dem
charakteristischen Siegel versehen werden, entscheidet ein strenges
Konsortium, das Consorzio Produttori Aceto Balsamico Tradizionale di
Modena, das Jahr für Jahr rund 1000 Tradizionale bewertet. Und nur
20 Acetai, gelernte Essigmacher, können den echten Aceto balsamico
Tradizionale di Modena verkaufen, weltweit sind dies jährlich rund
20000 Fläschchen. Stichworte: Zutaten, Gewürze

Stichworte: Grundlagen, Informationen


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