NACH EINEM TEXT VON
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- Claus Schweitzer -
- Erfasst von Rene Gagnaux
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Zubereitung:
Petit gris, die kleine graue südeuropäische Weinbergschnecke,
ersetzt heute oft die selten gewordene, bedeutend grössere Burgunder
Schnecke.
Antoine Careme (1784 - 1833), der eigentliche Begründer der feinen
französischen Küche, sorgte Anfang des 19. Jahrhunderts auch dafür,
dass die Weinbergschnecken zu gastronomischen Ehren kamen - a la
bourguignonne, auf Burgunder Art, mit Butter, Knoblauch und
Petersilie. So beliebt wurden die mundgerechten Weichtiere, dass man
für sie sogar spezielle mit Vertiefungen versehene Tellerchen und
eine Zange erfand, um ihre heissen Häuser fest im Griff zu haben,
während eine zweizackige Gabel sie aufspiesst. Der Geniesser ahnt
nicht, dass sein knorpeliger Happen aufwendige Vorbereitungen
verlangt.
Schnecken müssen vor dem Verzehr eine mindestens zehntägige
Hungerkur überstehen, die im Französischen Mittelmeergebiet durch
eine Thymian-Diät gemildert wird. Grund sind für den Menschen
giftige Blätter, die sich die Schnecken möglicherweise einverleibt
haben. Der Reinheit wegen warten dann drei Waschungen mit Wasser auf
sie. Die erste widmet sich ihrem Äusseren, die zweite, nun mit Essig
und Salz angereichert, dem Inneren. Ein Bad in klarem Wasser folgt.
Meist werden die Schnecken dann blanchiert, abgekühlt, aus ihren
Häusern gezogen und in der Regel in gut gewürzter Bouillon gekocht.
Kalt füllen sie erneut die inzwischen sterilisierten Gehäuse. Mit
Kräuterbutter zugestrichen sind sie küchenfertig.
Schon unsere Urahnen erfreuten sich an den Bauchfüsslern, wovon
prähistorische Abfallhaufen zeugen. Die Griechen widmeten ihnen
eingehende Betrachtungen, und die nimmersatten Römer erfanden die
Schneckenzucht. Sie grillten ihre spiralschaligen Leckerbissen, ganz
so wie es Katalanen und Provenzalen noch heute mögen, ohne sie
vorher zu garen. Im übrigen Frankreich jedoch überliess die
Oberschicht den Armen die Schnecken und stocherte an ihnen höchstens
in der Fastenzeit herum - bis eben der Koch der Könige und König der
Köche sich ihrer annahm. Seither übertreiben die Franzosen ihre
Schneckenliebe. Die grosse burgundische Weinbergschnecke, deren Haus
bis zu fünf Zentimeter Durchmesser erreicht, wurde ein Opfer von
Gourmets (und moderner Landwirtschaft) und ist mittlerweile sehr
selten. Statt dessen präsentieren Köche auf Speisekarten und Tellern
petits gris, die kleinere Variante der Weinbergschnecken mit dem
grauen Körper im weiss- oder gelbgesprenkelten Gehäuse. Sie
bevölkern die Gascogne, die Provence, das Langüdoc-Roussillon (auf
französischen Märkten findet man sie lebend im Angebot) und eignen
sich - im Gegensatz zu ihren grösseren Verwandten - auch für die
Zucht, die heliculture. In Südfrankreich finden sich viele solcher
Schneckenfarmen, wo die schmackhaften Weichtiere in Holzkästen unter
freiem Himmel gezüchtet werden. Ein Jahr brauchen die Salat und
Grünzeug fressenden Schnecken, um eine geniessbare Grösse zu
erreichen.
Für Konserven nimmt man osteuropäische Importe und die türkische
Schnecke, die man an ihrem dunkleren Fleisch und einem schwarzen
Hausrand erkennt, sowie einen aus China tiefgefroren eingeführten,
mindestens 250 bis 500 Gramm schweren Giganten aus der Familie der
Achatschnecken. Diese Riesenschnecke dient zunehmend als Ersatz für
die mitteleuropäischen Weinbergschnecken, indem man deren Gehäuse
mit Fleischstücken von der Achatschnecke füllt und unter der
schlichten Bezeichnung Escargot anbietet.
Schnecken besitzen zwar reichlich Mineralsalze, sind aber recht
unverdaulich. Deshalb sollte man sie mit Massen geniessen, auch wenn
das dazugehörende Pariserbrot noch so knusprig ist und die
Kräuterbutter noch so delikat schmeckt. Stichworte:
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